Julia Altmann, Senior Beraterin bei CROSSMEDIA, setzt sich in ihrem Berufsalltag intensiv mit klimaneutraler Mediaplanung auseinander und weiß, dass sich Effizienz und Nachhaltigkeit manchmal im Weg stehen können. In ihrem Artikel erklärt sie, wie durch grüne Media alle zu Gewinnern werden können.
Nachhaltigkeit ist aktuell eines der Trendthemen in der Werbebranche – sowohl Marketer als auch Agenturen und Werbetreibende beschäftigen sich verstärkt mit klimafreundlicher Mediaplanung.
Die Bewegung am Markt ist deutlich zu spüren – Branchenevents wie die W&V Green Marketing Days geben Einblicke in nachhaltiges Handeln, zeigen Best Cases und regen zum Austausch und zur Diskussion an. Auf den ersten Blick scheint die grüne Zukunft schon zum Greifen nah: (Digitale) Werbemittelformate mit verringertem CO2.Ausstoß werden entwickelt, Riesenposter werden nach Kampagnenende nicht einfach vernichtet, sondern recycelt und zu neuen Produkten gemacht. Die Materialien spezieller OOH-Plakate filtern sogar das schädliche Treibhausgas aus der Luft und leisten so einen Beitrag zu einem besseren Klima.
Grün ist mehr als nur Kompensation
Wer sich jedoch tiefgehender mit dem Thema nachhaltiger Mediaplanung beschäftigt, wird schnell feststellen, dass die durch Kampagnen entstandenen CO2 Emissionen oftmals lediglich über Kompensationen ausgeglichen werden – beispielsweise durch die Unterstützung von zertifizierten Klimaschutzprojekten. Kompensationen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg zu einer „grünen“ Mediakampagne. Kompensation allein sollte jedoch nicht der einzige Faktor sein und bezieht lediglich einen Baustein nachhaltiger Planung ein. Wirklich klimafreundliche Media bedenkt den C02-Fußabdruck von Anfang an mit, denn es geht nicht nur darum, am Ende einer Kampagne Schadensbegrenzung zu betreiben, sondern bereits frühzeitig im Planungsprozess alle Aspekte zu berücksichtigen, die CO2 reduzieren und im Idealfall sogar gänzlich vermeiden. Angefangen von der eigentlichen Kreation und der Auswahl passender Mediakanäle, über die Selektion geeigneter Mediapartner und Umfelder hin zum CO2-reduzierten Werbemitteleinsatz oder dem Targeting auf energiearme Endgeräte.
Grün gibt es selten für umsonst
Es gibt bereits gute lösungsorientierte Ansätze am Markt. Auch Werbetreibende finden immer mehr Zugang zum Thema Nachhaltigkeit – Sustainability ist relevant, trifft den Nerv der Zeit und stößt generell auf großes Interesse. Diesem Interesse steht in Teilen dennoch auch eine gewisse Zurückhaltung gegenüber, wenn es um die letztendliche Umsetzung von Maßnahmen geht, denn „grüne“ Media verursacht Zusatzkosten und muss in manchen Planungen auch mit Leistungs- bzw. Reichweiteneinbußen rechnen.
Ein Beispiel: Hat ein Kunde in seiner Kommunikation Riesenposter eingesetzt und entscheidet sich im Anschluss für die Weiterverarbeitung des Materials zu Recyclingprodukten, entstehen auch hier Kosten. Diese Kosten müssen Werbetreibende erst einmal aufbringen und auch die entsprechende Bereitschaft zeigen, sie zu zahlen. Bei sinkenden Media- und Marketingbudgets kann dies durchaus eine Herausforderung und im schlechtesten Fall ein Hindernis sein. Auch die schon angesprochene Kompensation des CO2-Ausstoßes muss budgetär berücksichtig werden – in der Regel wird hier mit ca. 0,5 und 1,0% des Mediabudgets kalkuliert.
Ein zweites Gedankenspiel: Bewegtbildeinsatz verursacht höhere Emissionen als statische Werbemittel – sowohl auf Produktionsseite als auch bei der Auslieferung wird mehr Energie verbraucht. Entscheiden sich Werbetreibende aufgrund dessen gegen den Einsatz von Bewegtbild, kann dies Restriktionen bei der Auswahl von Werbeplätzen und Inventaren bedeuten und somit zu einer Einschränkung hinsichtlich der Erreichung relevanter Media-KPIs führen. Hier liegt zugleich die nächste Herausforderung: Kampagnenziele werden oftmals durch harte Media-KPIs wie TKP, GRP oder CPX definiert. Um die Zielsetzungen zu erreichen, wird Budget definiert – der budgetäre Einfluss von Nachhaltigkeitsmaßnahmen wird manchmal außer Acht gelassen, sodass eine Diskrepanz zwischen Leistungserbringung, Zielerreichung und Nachhaltigkeit entstehen kann.
Wegweiser für grüne Media
Aufgabe der Mediaagenturen muss es sein, Aufklärungsarbeit zu leisten, das Wissen um Pro und Contra nachhaltiger Media- und Kampagnenplanung mit Kunden und Marketingentscheidern zu teilen und das Verständnis für die Möglichkeiten klimafreundlicher Kampagnen zu schärfen. Denn nur wenn Werbetreibende die Möglichkeiten grüner Media kennen, können sie diese auch in die Realität umsetzen. Gleichzeitig müssen Agenturen ihre Kunden auf mögliche Fehltritten hinweisen – denn sich nach außen mit dem grünen Anstrich zu schmücken, wenn an anderer Stelle ganz und gar nicht klimafreundlich gedacht wird, kann schnell nach hinten losgehen. Übergeordnetes Ziel sollte es sein, eine Professionalisierung der Branche voranzutreiben und einen Einklang zwischen nachhaltiger Media auf der einen Seite, sowie effizienter Planung auf der anderen Seite zu gewährleisten.
Foto Credit: Casey Horner (Unsplash)
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