Publicis hat für Gesprächsstoff gesorgt, als die Agenturgruppe kürzlich „The Pact by Epsilon“ eingeführt hat. Eine Ergebnisgarantie, die aus Sicht von CROSSMEDIA Worldwide CEO Martin Albrecht nur dazu führt, dass sich die naheliegendste, nicht die beste Lösung durchsetzt.
Publicis hat mit dem Launch von „The Pact by Epsilon“ definitiv für Gesprächsstoff gesorgt. The Pact wird als Business-Outcome orientierte Lösung angepriesen, die auf die Identitätsmanagement-Plattform von Epsilon und maschinelles Lernen setzt. Sie garantiert, dass digitale Kampagnen die wichtigsten KPIs wie z. B. Umsatz, Neukundengewinnung und Return on Ad Spend, erfüllen. Werden die vereinbarten Kennzahlen nicht erreicht werden, erhalten die Kunden 100 % ihres Geldes zurück.
Auf den ersten Blick betrachtet eine großartige Idee – werden sicher die meisten Einkäufer auf Markenseite denken. Mit etwas Abstand und wenn man das Ganze genauer betrachtet, sollten allerdings schnell Zweifel laut werden.
Tatsächlich stehe ich der ganzen Sache skeptisch gegenüber.
Es gibt hier nichts Neues
Alle paar Jahre kommt eine Agentur mit einer großen Verlautbarung über ergebnisorientierte und an Vergütung gekoppelte Lösungen heraus. Wie bei den Olympischen Spielen vergeht genug Zeit, in der die Leute diesen Ansatz wieder vergessen, und wenn dann jemand beschließt, diese Trommel erneut zu schlagen, klingt das (erstmal) wie ein neuer Beat.
Aber: Heutzutage verlangt jeder Kunde, dass bestimmte KPIs erfüllt werden und knüpft die Vergütung neben Preis- und anderen Garantien zumindest teilweise an die Ergebnisse. Agenturverträge werden gekündigt, wenn zuvor vereinbarte Ergebnisse nicht erreicht werden. Jeder Kunde, der jetzt so tut, als ob dies ein Paradigmenwechsel wäre, sollte vielleicht noch einmal überdenken, wie sehr er seine Agentur in der Vergangenheit gefordert hat.
Ein einfacher Ausweg
Sicher, Geld-zurück-Garantien sind in der Theorie toll, aber kommen wir mal zurück in die Realität. Publicis oder jede andere Agentur wird der Versuchung nicht widerstehen können, einfache Ergebnisse zu erzielen. Damit meine ich Ergebnisse, die leicht zu erreichen sind, denen es aber oft an Kreativität, Stringenz und Inspiration fehlt. Im Grunde führt dieser Pakt nur allzu oft auf den Pfad der Mittelmäßigkeit, nicht auf den der Brillanz. Nicht alle Ergebnisse sind aber auf demselben Weg erreichbar. Marken sollten daher der Versuchung wiederstehen, nach den „low hanging fruits“ zu greifen, die möglicherweise einen bittersüßen Nachgeschmack hinterlassen. Garantierte Ergebnisse sind zu oft an kurzfristige KPIs gebunden.
Anstatt Ergebnisse zu „garantieren“, sollten sich Agenturen und ihre Kunden auf Ergebnisse konzentrieren, die nicht starr an Vergütungspakete gebunden sind. Agenturen, die Ergebnisse garantieren, verfallen nur allzu leicht dem Reiz, das Mögliche unter Wert zu verkaufen – das, was tatsächlich die größte Wirkung erzielen könnte – damit sie vorgegebene Garantien für die Kunden erfüllen können. Das wird sogar noch verlockender, wenn Agenturen mit einem durch COVID-19 verursachtem P&L-Druck zu kämpfen haben. Gleichzeitig werden CMOs – die ihrerseits unter starkem P&L-Druck sowie einer gewissen Unsicherheit ihres Jobs stehen – im Zweifel ebenfalls Brillanz gegen ihr eigenes Überleben im Unternehmen eintauschen.
Das Prinzip des Affiliate-Marketings ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Outcome-basierte Bezahlung auf zweifelhaften Beweisen und mittelmäßigen Ergebnissen beruht: Sicher, Unternehmen bezahlen Affiliate-Vermarkter nur für User, die einen Kauf getätigt haben, aber in den meisten Fällen zahlen sie – ganz platt gesagt – für das Äquivalent einer Werbetafel direkt vor der Kasse. Und das ist weit entfernt vom wirklich gewünschten Ergebnis, nämlich inkrementellem Traffic und Kauf.
Es geht immer noch um die große Idee
Ergebnisse zu fordern ist tolle PR, aber ganz ehrlich: Jede Agentur, die etwas auf sich hält, ist da doch längst an Bord. Indem der Kunde in einem Vertrag die Vergütung an Ergebnisse bindet, hält er ein Damoklesschwert über die Köpfe der Agenturen und erstickt jeden Impuls zur Entwicklung brillanter Ideen im Keim.
Ja genau, diese mythische, große Idee, auf der die Madison Avenue in den Tagen von Ogilvy, Bernbach und Clow errichtet wurde. Kreativität ist eine kaum fassbare Quelle der Brillanz die zu bahnbrechenden Arbeiten und Ergebnissen führen kann. Die Angst, gefeuert zu werden, weil man kurzsichtige, fehlgeleitete Garantien nicht eingehalten hat, lässt diese Quelle ganz schnell versiegen. Diese Dynamik mindert den Wert genau der Ergebnisse, auf die der Kunde so vehement besteht.
Abschließend sollten wir uns daran erinnern, dass „vorteilhafte Ergebnisse“ ironischerweise nicht so einfach zu erreichen sind. Wären sie das, würden Kunden nicht die Crème de la Crème der Werbewelt anheuern, um ihr Problem zu lösen. Tatsächlich brauchen Kunden aber die klügsten und kreativsten Köpfe, die durch engagierte Zusammenarbeit über Disziplinen und Abteilungen hinweg vernetzt sind – und selbst dann ist etwas Mut und sogar Glück erforderlich.
Markenverantwortliche erwarten zunehmend magische Ergebnisse zu billigen Preisen. Stattdessen landen sie nur allzu oft bei billigen Ergebnissen zu magischen Preisen.
Natürlich kann man kreativ sein, wenn es darum geht, wie man seine Agentur bezahlt und wie man das Risiko des Erfolgs teilt. Aber denken Sie einmal darüber nach, warum Sie einen Arzt nicht nur dann bezahlen können, wenn Sie gesund bleiben. Oder warum Sie niemals Anwälten vertrauen, die nur dann Honorare verlangen, wenn Sie den Fall gewinnen. Wenn Ihre Ziele ambitioniert und Ihre Herausforderungen nicht trivial sind, dann brauchen Sie das, was Sie schon immer gebraucht haben: kluge, ehrliche, mutige, hart arbeitende Partner an Ihrer Seite, die Ihre Interessen stets im Auge haben.
Kein noch so großer technologischer Schnickschnack, der die heutigen Ergebnisgarantie-Pakte schmückt, kann vom fundamentalen Fehler der Grundprämisse ablenken: Am Ende des Tages sind nicht alle Agenturen gleich und die Ergebnisse sind es auch nicht.
Dieser Artikel ist erstmals am 18.06.2020 in ADAGE erschienen.
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