Manchmal sieht man etwas, bei dem man einfach nur „ja, ja, ja!“ ausrufen möchte, weil es so treffend ist. Unser Analyst Lee Beale aus New York hatte kürzlich einen solchen Moment, als er auf einen POV über Personalisierung von Peter Weinberg & Jon Lombardo aufmerksam wurde.
Es ist nicht leicht, heutzutage ein Kunde zu sein. Man muss strategisch führen und großartige Antworten auf scheinbar einfache Fragen finden – wofür stehen wir, wen wollen wir erreichen, was soll unsere Zielgruppe tun? Doch in genau diesen Punkten Klarheit zu erlangen, ist ebenso schwer wie flüchtig, denn immer wieder wird man abgelenkt durch neues, glänzendes Spielzeug und angeblich hochwertige Wundermittelchen.
Obwohl 99 % dieser sogenannten „game changing“, paradigmen-sprengenden, global-skalierbaren Disruptoren Blödsinn sind, kann man es sich nicht leisten, sie zu ignorieren. Nicht nur wegen der FOMO (fear of missing out) für das eine Prozent, das sich tatsächlich durchsetzt, sondern auch, weil man eine solch rationale Denkweise gegenüber einer Vorstandsetage verteidigen muss, die sich leicht den Kopf verdrehen lässt.
Es ist nicht leicht, sich gegen den Hype und den Gruppenzwang zu behaupten. Deshalb ist es immer schön, wenn andere klardenkende Menschen mutig mit Mythen aufräumen, die einem wahrscheinlich zeitweise das Leben zur Hölle gemacht haben. Ich danke Peter Weinberg und Jon Lombardo dafür, dass sie die ehrliche, wenn vielleicht auch langweilige Wahrheit sagen. Die beiden Herren setzen dazu an, den außer Kontrolle geratenen Zug der „Personalization at Scale“ zu stoppen. Im Wesentlichen sagen sie, dass wir Personalisierung im großen Stil vergessen sollten, denn sie ist nahezu unmöglich. Übrigens sind sie nicht die einzigen, die ihre Stimme derart erheben. Der Chor derjenigen, die sich bewusst dagegen aussprechen, wird immer lauter. „Der Enthusiasmus der Werbetreibenden für Massen-Personalisierung könnte Komplexität unnötig erhöhen und gleichzeitig Effektivität verringern, weil die Grundlagen des Marketings nicht beachtet werden“, fasst Samuel Brealey, seines Zeichens Marketingberater, zusammen. Er geht sogar so weit zu sagen, dass „im Allgemeinen die beste Werbung für eine Zielgruppe auch die beste Werbung für alle Zielgruppen ist“. Weinberg, Lombardo und Brealey werden durch eine aktuelle Studie von Analytic Partners bestätigt, die besagt, dass Context-Targeting im Allgemeinen bis zu 2,5-mal effektiver ist als individuelles Hyper-Targeting.
Trotzdem halten sich die falschen Propheten der Personalisierung mit ihren Post-Cookie-Identitätslösungen und Workarounds hartnäckig. Am Ende des Tages wird sich zeigen, dass echte Personalisierung aufgrund der mangelhaften Datenqualität, die wahrscheinlich nicht überwunden werden kann, ein Wunschtraum bleibt.
Wenn wir Media auf Basis von verifizierten Kundendaten bis auf „Personenebene“ zuordnen, lässt die Genauigkeit des branchenüblichen Targetings zu wünschen übrig, ganz zu schweigen von Micro-Targeting und Personalisierung. Allzu oft ist das Third-Party-Cookie-Targeting nicht besser als generische, auf Demografie basierende Segmente. Anstatt sich mit marginalen Gewinnen zu beschäftigen, die eine „optimierte“ Personalisierung mit sich bringt, oder gar mit teuren Third-Party-Daten, sollten wir uns zunächst lieber auf eine inspirierende Kreation konzentrieren, die bei allen ankommt.
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