CROSSMEDIA hat mit ihrem ersten Transparenzbericht Pionierarbeit in puncto Planungsneutralität geleistet: Keine andere Agentur hat einen ähnlich strengen, proaktiven und operativ überprüfbaren Standard. Doch wie geht es im Zeitalter von Trading und der allgemeinen Akzeptanz von Mediaagenturen als Händler nun weiter? CROSSMEDIA-Geschäftsführer Matthias Bade erklärt, warum Händlertum und unabhängige Beratung sich nach wie vor ausschließen und was das für das Transparenzversprechen der CROSSMEDIA heißt.
2022 feiern wir bei CROSSMEDIA ein kleines Jubiläum: 15 Jahre Transparenzbericht. 2007 haben wir uns als erste Mediaagentur überhaupt freiwillig in die Bücher schauen und von einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft testieren lassen, dass alle Vorteile, die wir von Medien auf Basis der durch uns verwalteten Kundengelder erhalten, verursachergerecht an eben diese Kunden weitergegeben werden. Unsere Haltung damals wie heute: Diese (monetären) Vorteile gibt es nur durch die Media-Investments unserer Kunden und daher stehen die daraus resultierenden Benefits auch unseren Kunden zu. Eine Haltung, die zum damaligen Zeitpunkt durchaus nicht branchenüblich war. Es war „Common Sense“, dass Kick-Backs der Medien zur Aufbesserung des eigenen Agenturhonorars einbehalten oder zur Gewinnung von neuen Kunden eingesetzt wurden. Eine Usance, die aufgrund des damals schon herrschenden Drucks auf die Honorare der Agenturen nur allzu verständlich ist – aber eben nicht die Haltung der CROSSMEDIA widerspiegelt.
Wir wollten Vertrauen in einem Markt schaffen, der durch die „Ruzicka-Affäre“ immer noch in Aufruhr war (auch wenn der Sachverhalt dahinter ein völlig anderer war) und uns durch Kick-Backs nicht in unserer Beratungsneutralität beeinflussen lassen. Seit 2007 schaffen wir nun Jahr für Jahr erneut dieses Vertrauen und sind u. a. dafür 2018 als erste Mediaagentur überhaupt beim Deutschen Mediapreis zur „Agentur des Jahres“ ausgezeichnet worden.
Pionierarbeit für mehr Transparenz im gesamten Markt
Rückblickend können wir mit Stolz sagen, dass wir mit dem Transparenzbericht quasi einen Marktstandard geschaffen haben: In den Folgejahren seit 2007 haben immer mehr Kunden von ihrer Mediaagentur die ihnen zustehenden Anteile der Kick-Backs eingefordert. Pitchberater gehen heute sogar so weit, dass sie Garantien auf AVB-Weitergaben an ihre Mandanten verlangen, obwohl die Höhe dieser „Agency Volume Boni“ vom Gesamtinvest aller Kunden einer Agentur abhängig sind. Wie volatil diese Gesamtinvests sind, wissen wir alle nicht zuletzt seit der Corona-Krise. Trotzdem wage ich zu sagen, dass es heute im deutschen Markt absolut gelebte Praxis ist, volumenbasierte Agenturvorteile der Medien an Kunden weiterzugeben.
Wir freuen uns, hier einen Stein ins Rollen gebracht zu haben, der die geforderte Transparenz des Marktes entscheidend vorangetrieben hat und hoffentlich auch weiterhin dazu beiträgt, den intransparenten Ruf, der Mediaagenturen auch heute immer noch anhaftet, zu revidieren.
Willkommen im neuen Media-Schlaraffenland
Also alles gut? Nein, denn der Bonushunger von Geschäftsführern kleinster GmbHs einer Agenturgruppe oder die Renditevorgaben innerhalb von Agenturholdings durch die Shareholder werden durch die Weitergabe der Agenturvorteile an die Kunden (wieder) nicht ausreichend befriedigt. Die Karawane ist also längst weitergezogen und hat sich eine neue Oase gesucht: Trade, also der nicht kundenspezifische Ankauf von Mediainventar durch die Agentur und der Verkauf dieser Inventare auf eigene Rechnung (und mit eigener Marge) an die Kunden der Agentur. Eine Win-Win-Win-Situation für alle! Die Medien haben etwas davon, weil die Agenturen ihnen Inventar auf eigenes Risiko abkaufen und die Vermarktung dadurch gewisse Umsatzziele auf einen Schlag im Sack hat. Die Kunden haben etwas davon, weil sie von ihrer Agentur Rabatte eingeräumt bekommen, die sie aufgrund ihrer Investitionshöhe bei direkten Vermarktervereinbarungen nicht realisieren könnten. Und die Agenturen haben etwas davon, weil sie nun wirklich die Preishoheit erlangen und mit relativ geringem Aufwand eine stattliche Handelsmarge erzielen können. Und weil das für alle so ein tolles Modell ist, hat man auch nicht dieselben Fehler wiederholt, wie bei den Kick-Backs: Da die Agenturen hier auf eigenes Risiko Handel betreiben, war von Anfang an von allen Marktteilnehmern akzeptiert, dass die dahinterliegende Marge ein Betriebsgeheimnis ist. Anders als bei den Volumenboni also haben die Agenturen die Legitimation, Inventar so zu verschieben und Preise so zu gestalten, wie es ihnen beliebt. Man ist endlich im Schlaraffenland der Media angekommen. Und das vollkommen legal unter den Augen der Kunden.
Rabattgier versperrt oft den Blick fürs Richtige
Der geneigte Leser mag sich fragen, was denn jetzt am Trading so schlimm ist. Nichts! Wenn man denn die Mediaagenturen als Händler versteht. Am Händlertum ist nichts Verwerfliches, nur darf man von einem Händler nicht erwarten, dass er einen objektiv berät. Ein Händler wird immer darauf schielen, was er noch auf Lager hat und was er grundsätzlich anbieten kann. Wenn ich beispielsweise zu einem BMW-Händler gehe und nach einem Gefährt für meine fünfköpfige Familie suche, wird er mir vermutlich einen SUV aus der X-Baureihe empfehlen. Ein Van von Mercedes, der möglicherweise deutlich besser geeignet wäre, liegt eher nicht im Spektrum des BMW-Verkäufers. Eine Tatsache, die wir alle, ohne mit der Wimper zu zucken, akzeptieren.
Warum tun wir es dann bei Mediaagenturen so wenig, wo diese uns doch medienübergreifend neutral im Sinne kundenindividueller Marketingziele beraten sollen?
Hier versperrt die Gier nach hohen Rabatten nur allzu oft den Blick für das objektiv Richtige. Cost Savings sind eben unternehmensintern nach wie vor einfacher zu erklären als weniger offensichtlich belegbare Strategieverbesserungen. Aber auch wenn der Rabatt für den BMW X3 gigantisch gut war, so werden die drei Kinder auf der Rückbank trotzdem dauerhaft unzufrieden sein. Und in die Mercedes V-Klasse hätten zusätzlich auch noch alle Fahrräder reingepasst.
Zyniker nennen es Romantik, wir nennen es unabhängige Beratung
Bei CROSSMEDIA haben wir seit Anbeginn (und nach wie vor) eine etwas „romantischere“ Vorstellung von Beratung: Für uns stellt die Unabhängigkeit der Beratung das höchste Gut dar. Und diese Unabhängigkeit haben wir nicht, wenn wir ständig darauf schielen müssen, was noch an Inventar „im Lager“ liegt oder was die höchste Rendite verspricht. Genauso, wie wir bei den Agenturboni 2007 gesagt haben, dass wir uns nicht durch deren Einbehalt in unserer Beratungsneutralität beeinflussen lassen, genauso konsequent verzichten wir auch seit Aufkommen des Tradings auf selbiges. Um unsere Kunden wirklich unabhängig beraten zu können, verzichtet die CROSSMEDIA aktuell und auch in Zukunft auf jeglichen Handel mit der „Ware“ Media. Und da wir keine Marge aus dem Handel ziehen, brauchen wir sie in unseren Entscheidungen auch nicht gesondert zu berücksichtigen. So verstehen wir gelebte Unabhängigkeit für unsere Kunden.
Dass wir auch dieses Spiel nicht mitspielen, heißt übrigens nicht, dass unsere Kunden dadurch auf die Vorteile von Trade-Inventaren verzichten müssen. Über unsere diversen Einkaufspartnerschaften haben wir Zugriff auf entsprechende Kontingente. Nur geben wir die Trade-Einkaufspreise 1:1 an unsere Kunden weiter, so dass sichergestellt ist, dass wir einen neutralen Blick darauf haben. Die Marge (und das Handelsrisiko) liegt auf Seiten der Einkaufspartner, mit denen wir weder gesellschaftsrechtlich verknüpft sind noch irgendeine Form von Abnahmevolumina vereinbart haben.
Der CROSSMEDIA-Transparenzbericht wird erweitert
Unser Umgang mit dem Thema Trade zeigt erneut, dass unabhängige Beratung für uns kein schicker Satz in einer PowerPoint-Präsentation, sondern eine essenzielle Frage der Haltung ist, von der wir auch unter neuen Gegebenheiten und im Angesicht neuer „Möglichkeiten“ nicht abweichen. CROSSMEDIA wird sich also auch in Zukunft der Transparenz und – vor allem – der unabhängigen Beratung verpflichtet fühlen. Daher werden wir zum Jubiläum des Transparenzberichts diesen erweitern. Bisherige Standards bleiben erhalten, werden aber um „Non-Trading“-Aspekte ergänzt. So wird die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zukünftig nicht nur die verursachergerechte Weitergabe von Agenturvorteilen testieren, sondern auch den Verzicht auf Handelsaktivitäten. Ein Versprechen, das es so genereller Natur nur von der CROSSMEDIA gibt. Wer also statt eines Händlers einen Treuhänder seiner Mediabudgets sucht, für den stellen wir nach wie vor eine echte (wenn nicht gar die einzige) Alternative in der Mediaagenturlandschaft dar.
Foto Credit: Julia Höfer (CROSSMEDIA)
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